Im folgenden Text geht es um die Entstehung der ersten Knäste,
nämlich der Frauenknäste. Innerhalb einer Knastanalyse, die sich oft in
irgendeiner Hinsicht auf Michel Foucault (und sein Buch 'Überwachen und
Strafen') stützt, wird meist der Fakt übergangen, dass die Disziplinierung
durch Knast historisch durch die Unterdrückung der Frau entstand und daher eng
mit dieser verbunden ist. Der Beginn einer Idee von Disziplinierungen und vom
exemplarischen Bestrafen einiger, um das Gehorsam der anderen zu erzwingen,
wurde lange vor den ersten Männerknästen an Frauen
erprobt. Diesem Teil der Knastgeschichte wird selten Beachtung geschenkt und
Knast entsteht so scheinbar erst dann, wenn Männerknäste in der Geschichte
auftauchen. Folgender Text eröffnet einen anderen Blick auf die Thematik.
(Vorwort und alles andere aus
der Zeitschrift: ramasuri (=Durcheinander)
Die Gründung der ersten Haftanstalt für Frauen fand im
siebzehnten Jahrhundert in Spanien statt, mit der so genannten
Anstalt „Die Frauengaleere“.
Paradoxerweise entsprang diese geniale Idee niemand geringerem als dem
verkümmerten Kopf einer Frau: dem der heiligen Mutter Magdalena de San Jerónimo.
Diese Anstalten waren zunächst für Prostituierte,
bettelnde Frauen und Dienstangestellte
die ihre Arbeit nicht nachkamen, gedacht. Schon damals suchte die
Mutter Magdalena diese Bestrafung in den Vorwurf umzukehren, die Frauen würden
in die Galeere kommen, um Vergütungen zu erhalten. Das oberste Prinzip schien
es zu sein, sich gegen Frauen
zu richten, die arm waren, von der Religion abgewandt, also
'sündig' oder die nicht ohne Widerstand die obligatorische Unterwerfung unter
die aristokratischen Dienstherren akzeptierten. Aus diesem Grund und da die
Ordensschwester sehr klar hatte, wie die öffentlichen Haftanstalten sein
sollten, erschien im Jahr 1608 eine Verordnung zur Festlegung der Bedingungen
unter denen die Insassinnen leben sollten:
„Zunächst wird ein Haus benötigt, welches sich in einer sehr
förderlichen Gegend befindet, nicht sehr einsam und auch nicht weit weg von den
Menschen, auf Grund der großen Unannehmlichkeiten die daraus erwachsen könnten.
Dieses Haus sollte sicher und fest verschlossen sein, so dass es keine Fenster
oder verglasten Balkone im ganzen Haus gäbe, weder sollte es von einem anderen
Haus einsehbar sein."
In dem Gebäude, treu der diktierten Normen der Ordensschwester,
gab es einen Schlafsaal, ein Arbeitszimmer, eine Speisekammer, ein
Geheimgefängnis, wo die 'unverbesserlichen Rebellinnen' bestraft wurden,
eine Kapelle, einen Brunnen und ein Becken zum Waschen.
An diesen Orten sollte es außerdem Ketten, Knebel, Handschellen,
Fußfesseln, etc. geben. Der edlen Ordensschwester nach sollten diese Instrumente
nur dazu dienen, die Insassinnen zu erschrecken, damit sie beim bloßen Anblick
dieser Geräte ihre frevelnde Art überwinden und ganz die Vorschriften erfüllen
würden.
Wie zu erwarten, unterlag die Verwaltung des Ortes der Leitung
eines Mannes (des
Anstaltsleiters). Seine Ehefrau wurde die Rektorin. die die
Schließerinnen und Lehrerinnen zu beauftragen hatte, die Vorschriften zu
erfüllen und mit den entsprechenden Repressalien gegen die Rebellinnen
vorzugehen. Als dieses Folterzentrum in Betrieb genommen wurde, veröffentlichte
das örtliche Gerichtswesen ein Schreiben mit mehr oder weniger folgendem
Inhalt:
„Auf dass keine Frau es wagen wird zu faulenzen, untätig oder
ohne Ehemann zu sein. Denn diejenige, die es wagen wird, wird in die Galeere gesteckt
und bestraft wie sie es verdient.
Um als abschreckendes Beispiel bestraft zu werden, damit die
anderen Frauen sehen können, wie es ihnen ergehen wird und sich somit einen
Ehemann suchen, dem sie dienen können. Es wird beschlossen, dass jedes ortsfremde
Mädchen, welches diesen Ort betritt, direkt in die Galeere geschickt wird, um
sich dort der Frau des Anstaltsleiters vorzustellen und sie zu fragen, wie sie
ein Haus zum Dienen finden kann und ohne eine Registrierung soll sie drei Tage
Strafe in der Galeere absitzen auf Grund ihrer Liderlichkeit.“
Hier wird deutlich, dass die verfolgten, eingesperrten und
getöteten Frauen wie so oft im Laufe der Geschichte, die emanzipierten waren,
die, die ihr Dasein ohne Ehemann mit ihrem Leben bezahlten mussten.
Wenn die Frauen diese Orte betraten, mussten sie sich komplett
ausziehen und sie wurden gezwungen Uniformen zu tragen. Außerdem wurden sie
rasiert. All dies mit dem Ziel der Homogenisierung und um jeden Überrest von
selbst gewählter Identität zu vernichten. Sie durften keinen Kontakt zur
Außenwelt haben und sollten diszipliniert werden. In diesem letzten Punkt ging
die Ordensschwester kategorisch vor:
„Der Anstaltsleiter schrieb, dass die anderen amtstragenden
Personen die Regierung der Galeere seien und sich mit der Disziplinierung
dieser Frauen beschäftigen. Um in der Lage zu sein, mit ihnen umzugehen gibt es
folgende Anweisungen: wenn sie fluchen oder etwas beteuern (weil sie als
nicht-Christen keine Wahrheit sagen können), tut ihnen einen Knebel in den Mund.
Wenn eine wütend wird, legt sie in Ketten. Wenn sie gehen möchte, legt sie in
Fußfesseln und steckt sie in ein Loch und so wird sie sich beruhigen. Man muss
sie vor den anderen disziplinieren. Exemplarisch bestrafen und so den anderen
Angst machen. Außerdem so hart bestrafen, dass sie Angst haben, diese Strafe
wieder erleiden zu müssen. Die Unruhestifterinnen sollten außerdem nachts
angebunden werden oder am Pranger schlafen…damit sie nicht auf Ideen der Flucht
kommen oder auf Ideen wie sie die Offiziellen schlagen könnten oder sich
(gegenseitig) die Haare raufen und etwas anstellen.“
Wörter, durch die wir die echte Frauenfeindlichkeit und
Böswilligkeit in die die Christlichkeit gehüllt ist, verstehen. Außerdem waren
die Insassinnen verpflichtet Zwangsarbeit zu leisten, da die Knäste Betriebe
waren und sind und dies den Knast finanzierte und so zur Erhaltung eben dieses
Ortes beitrug, welcher sie gefangen hielt.
Die Ordensschwester sprach ebenfalls von der Rückfälligkeit in die
Sünde und wie die Frauen bestraft werden sollten, die ein zweites oder drittes
Mal in ihre Hände fielen:
„Wenn eine der Frauen die Galeere auf Weisung des Gerichts
verlässt, wird geäußert, dass sie darauf aufmerksam gemacht wird, dass sie
darauf achtet, nicht noch einmal in die selbe Galeere zu kommen, denn wenn dies
der Fall sein sollte, wird sich ihre Strafe verdoppeln und sie soll
gebrandmarkt werden auf der rechten Seite ihres Rücken mit den Waffen der Stadt
oder dem Dorf, in dem die Galeere steht. Damit sie so bekannt sei und klar
wird, wenn sie ein zweites Mal in dieselbe Stadt kommt. Und wenn eine so
schäbig sein sollte, ein drittes Mal aufzutauchen, soll die Strafe verdreifacht
werden, mit der Warnung, dass sie, wenn sie so unverbesserlich ist, ein viertes
Mal aufzutauchen, an der Tür derselben Galeere gehängt werden wird."
Die Ordensschwester hatte hohe Ziele, so wollte sie das Nichtstun
verbannen, den schlechten Beispielen ein Ende setzen, autoritätsgläubige
Dienerinnen erziehen, die Delinquenz beseitigen und ein abschreckendes Beispiel
für die übrigen Frauen schaffen.
All diese servilen Zwecke vervollständigen und dienen absolut der
Macht. Das ist nicht verwunderlich, wenn wir die historische Unterdrückung in
Betracht ziehen, die das Christentum als Handlanger für die Mächtigen
erschaffen hat.
Im selben Jahr, in dem der erste Frauenknast eröffnet wurde,
erreichte die Mutter Magdalena mit ihrer charakteristischen Güte später in
einem Gespräch mit Felipe III die sofortige Errichtung zwei
neuer Frauenknäste in Madrid und Valladolid. An diese schlossen sich kurze Zeit
später noch weitere in Granada, Zaragoza, Salamanca, Valencia und allen anderen wichtigen
Städten [in Spanien] an. Natürlich summierten sich mit der Zeit und der
wachsenden Zahl dieser Zentren auch Gefangene mit anderen Verbrechen wie Mord,
schweren Ausschreitungen und Diebstahl. Wie z.B. im Fall von Maria Ortiz, die 17
Wohnungseinbrüche in Madrid beging, und die der König zu lebenslanger Haft
verurteilte.
An diesen Orten existierten auch Restriktionen, die die
Unterwerfung der Frau aus einer intellektuellen Perspektive erlaubten, womit
ein anderer wichtiger Punkt in der
patriarchalen Konstitution der Frau einherging. So wurden Frauen
dazu angehalten, Angst vor Gott zu haben und die Arbeit zu lieben. Dennoch
trafen sich die Insassinnen verbotener Weise um über Politik, gemachte
Erfahrungen oder eigene Geschäfte zu sprechen und sie klärten sich gegenseitig
auf.
Trotz all der erlebten Folter in diesen Häusern, kehrten die
meisten der Frauen, die von dort entlassen wurden, zurück in ihr altes Leben.
Sie ließen sich weder durch die Justiz noch durch das Christenrum
einschüchtern. Einige
emigrierten in Städte, in denen es diese Anstalten noch nicht gab, und andere
machten weiter, illegal und
klandestin, ihre Leben lebend, rebellisch und ohne Ehemann
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