Freitag, 22. Februar 2019

Raus aus dem Knast - rein in den Knast? Gefangeneninitiative JVA Bützow für Eingliederungsgeld in MV



Andreas Bach Kühlungsborner Str. 29a 18246 Bützow JVA
Sprecher der GG/BO – MV
Gefangenengewerkschaft
Soligruppe – BÜTZOW /MV






O F F E N E R B R I E F

Justizministerium M-V
z.Hd. Katy Hoffmeister
Justizministerin
19055 Schwerin








Für die Einführung eines Eingliederungsgeldes

Fehlende Eingliederung und Entlassungsvorbereitung durch die JVA Bützow

WENN MENSCH OHNE WOHNUNG, OHNE GELD UND
VORBEREITUNG AUF DIE STRASSE GEWORFEN WIRD

Aus dem offenen Brief der Inhaftierten vom 10.09.2018 habe das Justizministerium und die JVA
Bützow keinen Lernprozess erzielen können und es wird weiterhin mit fehlender sozialer
Kompetenz und Gesetzestreue zum Nachteil des zu Entlassenen gearbeitet, um diesen in seiner
Resozialisierung zu schädigen und ihn oftmals in die Obdachlosigkeit zu entlassen.
Dabei setzt sich die Justizverwaltung ein Ziel: Wir pfänden den Inhaftierten bis zum letzten Tag
alles finanziellen Mittel, um ihn dann, wie nach einem Raubzug, auf die Straße zu werfen und sich
selbst zu überlassen.

§ 42 StVollzG M-V „Vorbereitung der Eingliederung“
Absatz 1: Die Maßnahmen zur sozialen und beruflichen Eingliederung
sind auf den Zeitpunkt der voraussichtlichen Entlassung in die
Freiheit abzustellen. Die Gefangenen sind bei der Ordnung ihrer
persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu
unterstützen. Dies umfasst die Vermittlung in weiterführende
Betreuung.
Absatz 2: Die Anstalt arbeitet frühzeitig mit Personen und Einrichtungen
außerhalb des Vollzuges zusammen, insbesondere, um zu erreichen,
dass die Gefangenen nach ihrer Entlassung über eine geeignete Unter
bringung und eine Arbeits- und Ausbildungsstelle verfügen..
Absatz 4: In einem Zeitraum von sechs Monaten vor der voraussichtlichen Entlassung
sind den Gefangenen die zur Vorbereitung der Eingliederung
zwingend erforderlichen Lockerungen zu gewähren, sofern
nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die
Gefangenen sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die
Lockerungen zu Straftaten missbraucht werden


Realität in der JVA Bützow:
Erneut werden und wurden Inhaftierte regelrecht auf die Straße geworfen und eine Eingliederung,
wie sie gesetzlich vorgeschrieben geregelt ist, hat NICHT stattgefunden.
Die Inhaftierten werden nicht - wie im § 42 eigentlich bestimmt – frühzeitig an
Eingliederungsmaßnahmen, insbesondere der Vorführung zum Arbeitsamt und auch
Wohnungseinrichtungen, beteiligt und vorgeführt.
Vielmehr werden die Inhaftierten oft genug vertröstet und ihnen wird damit, weil die JVA's zu träge
sind, ihre Gesetzespflicht zu erfüllen, ein Ausdruck getätigt, wo sie dann das nächste
Obdachlosenasyl finden.

Das Justizministerium braucht dies auch nicht abzustreiten, die Beweise sind bereits erbracht und
liegen dem NDR vor.
In der JVA Bützow gibt es KEINE HINREICHENDE HILFE ZUR EINGLIEDERUNG in Form
von adäquaten unterstützenden Vereinen, denen man nämlich in der Vergangenheit kündigte.Auch
ist die Hilfe des BiLSE-Institutes (Frau Wolf) eingestellt, was ebenfalls dazu führte, dass die
geringe Hilfe auch noch fehlt.

Die Inhaftierten werden oft bis zum letzten Tag gepfändet, um ihre Gerichtskosten zu entrichten
oder andere Schulden. Dabei wird dann der Inhaftierte oft nur mit ein paar Euro vor die Tür
geworfen.
Wenn dann noch die wichtigen Amtsgänge im Vorfeld versagt werden, dann steht es schlecht um
den Gefangenen.
Die Haftanstalten und das Justizministerium denken, dass der Inhaftierte nach seiner Entlassung
beim Arbeitsamt vorspricht und sofort Geld erhält, doch es läuft nicht so, wie man das
Wunschdenken hegt.
Auch steht kein Möbelwagen und sind keine Wohnungsschlüssel parat, um sofort in eine Wohnung
einquartiert zu werden, weil man ja gerade auf diese Entlassenen sicherlich gewartet hat





IN WELCHER PARALLELWELT LEBT IHR DENN ???

Der Entlassene wird wie nach einem Raubzug mit runtergelassener Hose als Pleitegeier entlassen,
oft nur mit einer Reisetasche oder einem blauen Müllsack. Er rafft sich mit ein paar Euro zum
Arbeitsamt, um seine Anträge zu stellen, die dann mindestens 4-6 Wochen in der Bearbeitung
liegen.
Ohne Geld jedoch keine Wohnung, keine erste Miete und die Kaution. Ohne Wohnung keine
Anmeldung, ohne Anmeldung keine Leistungen vom Arbeitsamt oder gar einen Job.
Die Schlinge nach der Entlassung zieht sich abermals enger und der soziale Abstieg ist umso
gravierender, da dieser von staatlicher Seite, wegen Gesetzesunwillen, eingeleitet worden ist und
man den Inhaftierten regelrecht ins Nichts entlässt, ohne ihn auf ein Leben in Freiheit
vorzubereiten, gar einzugliedern und ihn noch vor der Entlassung in geeigneter Form den Ämtern
und Wohnungsanbietern vorzustellen, um alle sozialverträglichen Übergänge zu gewährleisten und
ihn eben nicht in die Obdach-und Ratlosigkeit zu entlassen und ihn damit stattdessen erneut zu
bestrafen
Das Land zielt in ihrer Unfähigkeit, Gesetze adäquat umzusetzen, darauf ab, die
Eingliederungspflicht auf die Ämter und Personen in Freiheit abzuschieben. Diese sollen also die
Fehler der Justiz korrigieren und die JVA's ziehen sich aus ihrer Verantwortung heraus

DIE GELDGIER DES LANDES M-V LÄSST DEN INHAFTIERTEN
KEINEN RAUM FÜR SOZIALISIERUNG UND RESOZIALISIERUNG



                                                    (   Justizministerin Katy Hoffmann )

Der Inhaftierte wird bis zum letzten Tag gepfändet und hat keine Möglichkeit, sich die erste Miete
und die Kaution anzusparen.
Er wird also zu oft mit ein paar Euro auf die Straße geworfen und dies kann nicht im Sinne des
Landes sein,so den sozialen Abstieg zu fördern – wenn die Vollzugsbehörden ihrer
Eingliederungspflicht nicht nachkommen.

Noch weitere gesetzliche Vorschriften?
Im § 5 StVollzG M-V findet sich der Satz: „Die Gefangenen werden darin unterstützt, ihre
persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben...“
Die weitere Regelung findet sich in § 56 Abs2 StVollzG, wo enthalten ist, dass Massnahmen der
Eingliederung dazu führen, dass das Eigengeld hierzu benutzt werden soll.

WIR FORDERN DIE EINFÜHRUNG EINES EINGLIEDERUNGSGELDES

- um die soziale Integration wie Wohnraumsuche, Miete und Kaution vor einer vor
voraussichtlichen Entlassung erfüllen zu können.
Die Einführung eines sozialen Eingliederungsgeldes (Zwangs ansparen) führe dazu, den
Überlastungen der Justiz und der Integration in die Gesellschaft gerecht zu werden und einen
sinnvollen Beitrag zur Resozialisierung zu leisten.
Die Integration und Resozialisierung sollte gefördert werden, statt den sozialen Abstieg zu
begünstigen.
Der Schaden, der hierdurch entsteht, kann weitreichende Folgen haben,bis hin zu einer erneuten
Inhaftierung, weil bereits zahlreiche Inhaftierte bekundet haben, dass sie keine Wahl hatten als eine
NEUINHAFTIERUNG, weil sie weder Geld noch Wohnraum hatten und dies ist für die Bürger des
Landes und den Entlassenen nicht länger tragbar.

Daher sei folgender Gesetzesvorschlag in den Landtag einzubringen:

NEU - § 56a StVollzG M-V : „Bildung von Eingliederungsgeld“

Abs 1 :
Die Gefangenen dürfen für Zwecke der Eingliederung ein Guthaben in angemessener Höhe bilden
und auch bereits vor der Entlassung darüber verfügen. Der Anspruch auf Auszahlung ist nicht
übertragbar. Sind für Gefangene keine Angaben zur Höhe des Eingliederungsgeldes im Vollzugsund
Eingliederungsplans getroffen, wird das Eingliederungsgeld auf 800 Euro festgesetzt.
Abs 2 :
Das Eingliederungsgeld ist für Ausgaben gedacht, die nach der Entlassung regelmässig anfallen,
u.a.: Fahrtkosten, Kosten für die Beschaffung von Kleidung und Gegenstände der
Wohnungseinrichtung, Miete und Mietkaution für den Erwerb von Wohnraum. Das
Eingliederungsgeld kann auch vor der Haftentlassung für diese konkreten Massnahmen bereits in
Anspruch genommen werden-
Abs 3 :
Gefangene, die aufgrund von Pfändungen oder Insolvenz nicht frei über ihr Eigengeld verfügen
können, wird ebenfalls die Bildung eines Eingliederungsgeldes ermöglicht. Die Höhe des Geldes ist
jedoch unter der Berücksichtigung der Zahlungsverpflichtung der Gefangenen entsprechend
eingeschränkt festzusetzen. Das festgesetze Geld ist unpfändbar.
Abs 4 :
Zur Förderung der Eigenverantwortung und Selbstständigkeit bleibt es den Gefangenen überlassen,
mit welchen Teilbeträgen er das Eingliederungsgeld bildet. Diese Teilbeträge können variieren und
vom Haus oder Eigengeld geleistet werden. Vom erarbeiteten Eigengeld maximal 50% des
Einganges. Die Gefangenen haben entsprechende Umbuchungsanträge bis zum letzten Tag des
Monats (Eingang bei der Zahlstelle) für den Folgemonat zu stellen.
Abs 5 :
Bei durch Pfändung oder Insolvenz eingeschränkter Verfügbarkeit des Eigengeldes werden die
Anträge bis zur Höhe der durch die Vollzugs-und Eingliederungspläne festgesetzten monatlichen
Sparraten erfüllt. Sind noch keine Festlegungen getroffen, werden die Anträge nicht ausgeführt.
Stets werden Anträge ausgeführt, bis das Eingliederungsgeld die festgelegte Höhe erreicht hat,
nicht darüber hinaus.
***

Wenn ein solches Gesetz Einklang findet, haben wir eine reale Chance, die Eingliederung und
Beschaffung von Wohnraum zu begünstigen, so dass keine Entlassung in Richtung
Obdachlosigkeit gelenkt wird
Das Land Mecklenburg-Vorpommern sollte sich seiner sozialen Aufgabe bewusst werden, wie sie
mit Inhaftierten weiter umgeht und ob es gewillt ist, ihre Gesetzesvorlagen und Pflichten auch
selber zu erfüllen, denn so wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehen.
Die Inhaftierten haben teilweise Angst vor einer Entlassung und dies ist bereits ein Schaden der
amtspflichtverletzend ist. Wenn dann noch die gesetzliche Eingliederung und der nahtlose Übergang
zu den Ämtern fehlt und es an Wohnraumbeschaffung scheitert, dann ist dies ein

ARMUTSZEUGNIS FÜR DIE JUSTIZ IN MECK-POMM

Frau Ministerin, führen Sie ein Eingliederungsgeld ein, nehmen Sie ihre gesetzlichen Pflichten
ernst. Wir haben es satt, uns mit Pflichtverstössen und Eingliederungsversagen durch die
Anstalten des Landes herumzuschlagen, um dann in den sozialen Abgrund geworfen zu
werden,

ES IST ZEIT ZUM HANDELN !!
FÜR SOZIALE EINGLIEDERUNG UND INTEGRATION !!!

Wir hoffen, Ihre soziale und gesetzliche Verantwortung geweckt zu haben.

Andreas Bach *
Sprecher der GG/BO – MV
Gefangenengewerkschaft Soligruppe BÜTZOW
***
(*eigenhändige Unterschrift liegt im Original vor)